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Channel: Pferde verstehen
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Was wir von den Pferden lernen können

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Gemeinsamkeit, Ruhe, Frieden. Wir können uns einiges von den Pferden abschauen. Foto: Nadja

It's amazing what you can learn after you've learned all that you think there is to learn“ 
(Ray Hunt)

The levels of competence: Unconsciously incompetent, consciously incompetent, consciously competent, unconsciously competent" 

(Pat Parelli)

Auf unserem Weg zur Kompetenz im Umgang mit dem Pferd warten einige Lektionen. Manche lernen sich leicht, andere auf die harte Tour. Heute soll es um die 10 wichtigsten Dinge und Konzepte gehen, die ich in den vergangenen rund 20 Jahren von Pferden gelernt habe. 
  1. Wir machen zu viel Druck - auch wenn wir denken, dass wir höflich sind. Antwortet das Pferd mit Gegendruck, liegt das meistens daran, dass der Mensch von vorne herein mit zu viel eingestiegen ist. Statt zu warten, wird man ungeduldig und erhöht den Druck zu schnell. Der Kampf mit dem Pferd ist programmiert. Das lässt sich elegant umgehen, in dem man bewusst mit weniger Druck einsteigt als man glaubt zu brauchen (Buck Brannaman)
  2. „Don‘t make assumptions.“ Ein Zitat von Pat Parelli. Wir glauben, dass wir vorurteilsfrei sind und unvoreingenommen an eine Sache herangehen, aber unsre Pferde können uns leicht eines Besseren belehren. Mit gewissen Vermutungen ans Pferd zu gehen, ist einer der größten Fehler, die ich kenne. Erwartungen blenden uns, lenken uns ab von dem, was jetzt und real ist, von der Wirklichkeit und dem Moment. Sie trüben unsere Aufmerksamkeit und verwässern unser Urteilsvermögen. Geht zum Pferd als würdet ihr euch zum ersten Mal sehen. 
  3. Wir haben es in der Hand. Im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere Hände vermitteln dem Pferd so viel. Sie können ein Gefühl transportieren oder Druck. Sie können fuchteln, nerven und erschrecken oder streicheln und beruhigen. Es liegt an uns mit den Händen das Richtige zu transportieren.
  4. Erst geben, dann nehmen. Wir wollen, dass unser Pferd uns vertraut und uns respektiert. Wir latschen aber trotzdem einfach in seinen Bereich und ziehen ihm das Halfter über die Ohren. Und zucken beim kleinsten Muckser zusammen - weil wir Angst haben, das Pferd könnte durchgehen. Das war‘s dann mit der Gegenseitigkeit. Wenn ich will, dass mir mein Pferd Vertrauen und Respekt entgegen bringt, dann sollte ich hinterfragen, wie es bei mir selbst um diese beiden Fähigkeiten bestellt ist. Fällt es mir leicht, zu vertrauen? Zolle ich anderen gern Respekt? Vertrauen wie Respekt kann man nicht einfach fordern, man muss sich beides verdienen. Unsere Pferde sagen uns dann schon deutlich, wo wir Verbesserungsbedarf haben. 
  5. Loslassen. Als Reiter hat man die Lage schon gern unter Kontrolle. Verständlicherweise, schließlich geht es auch um Sicherheit. Dennoch ist es paradox: Für die volle Kontrolle über das Pferd müssen wir erst einmal loslassen. Buck Brannaman etwa lehrt, dass ein Pferd Schritt, Trab, Galopp und Renngalopp unter dem Reiter am losen Zügel gehen können soll. Kann es das nicht, sind Zügelhilfen immer ein Zurückhalten des Pferdes.  Doch nicht der Zügel oder das Gebiss halten das Pferd: Es muss sich selbst (und seine Emotionen) unter Kontrolle haben. Entsprechend besteht unsere Aufgabe darin, die Hände aufzumachen und die Zügel loszulassen. Wir übertragen dem Pferd Verantwortung und geben ihm die Chance, sich zu benehmen.


    Manchmal arbeiten wir zu hart


  6. Fehler machen erlaubt. Habt ihr schon einmal den vorwurfsvollen Blick eines Pferdes gespürt? Ich nicht. Das liegt nicht etwa daran, dass mein Projektpferd nie einen Grund hätte, sich über mich zu ärgern. Ich mache Fehler, verbocke Situationen, bin ungerecht (wenn auch nicht beabsichtigt), habe meine Emotionen nicht im Griff oder bin zu ungeduldig. Dennoch: Er ist stets freundlich, ergeben, höflich und geduldig. Er wartet ab, und schlimmstenfalls (er)trägt er mich einfach und wartet, dass es vorbei geht. Das Pferd ist mir nicht böse. Er ist nachsichtig und nimmt mich, wie ich bin. Ich darf Fehler machen. Ich bekomme sie nicht im Anschluss auf dem Silbertablett serviert und werde mit der Nase draufgestoßen (also, natürlich sorgt er dafür, dass ich mitkriege, wenn ich etwas verbocke. Aber er macht das sehr subtil und nicht anklagend). Fehler machen ist ok. Meine Aufgabe ist es also, den Fehlern meines Pferdes (also das Verhalten, was ich nicht wünsche) mit ebenso viel Toleranz zu begegnen, wie er das bei mir macht. Und auch ihm die Chance zu geben, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Das bringt mich zu den Zügeln von Punkt 5 zurück: Wenn wir sie die ganze Zeit festhalten, versuchen wir, Fehler zu vermeiden. Ich unterdrücke sie, statt sie zuzulassen und dann zu korrigieren. Doch nur wenn ich Fehler geschehen lasse, können wir beide etwas daraus lernen. 
  7. Hilfe akzeptieren. Die Pferdeherde lebt es uns jeden Tag vor: Gemeinsam lebt sich‘s besser. Man muss sich nicht als Einzelkämpfer durchs Leben boxen. Man darf Hilfe annehmen. Es kostet uns nichts.
  8. Das Bemühen des Pferdes anerkennen. Wie leicht sind wir zufrieden zu stellen? Sind wir überhaupt jemals zufrieden? Wenn uns das im Alltag schon schwer fällt, werden wir auch im Umgang mit dem Pferd Schwierigkeiten mit unserem Perfektionismus haben. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir uns der Leistungen und Versuche unserer Pferde bewusst sind und diese anerkennen. Unser Pferd versucht uns zu verstehen, und wir sollten seine Bemühungen schätzen und seine Versuche respektieren - auch wenn die Antworten des Pferdes nicht immer so ausfallen, wie wir erwartet oder es uns gewünscht haben.
  9. Großes Glück in Kleinigkeiten. Wenn wir uns erst freuen, wenn unser Pferd eine gesetzte Piaffe tritt oder fliegende Galoppwechsel springt, warten wir womöglich ein Leben lang. Dabei gibt es so viele Kleinigkeiten auf dem Weg zur Piaffe oder den Galoppwechseln, die es lohnt, wertzuschätzen. Je mehr wir unseren Blick für die kleinen Begebenheiten schärfen und je dankbarer wir sie annehmen, desto zufriedener werden wir. Jeden Tag ein Stück vom Glück, statt den ganzen Batzen am Ende (von dem man auch nicht weiß, ob er tatsächlich kommt).
  10. Lass es geschehen. Wir arbeiten hart an einer Lektion und sind frustriert, weil sie nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen. Immer und immer wieder fragen wir sie ab, hoffen, dass das Pferd schneller oder nachgiebiger reagiert, tiefer untertritt oder endlich die Hanken etwas biegt.  Doch wir finden einfach nicht zusammen. Manchmal arbeiten wir zu hart. Manchmal ist unser Fokus zu eng, wir zu verbissen und zu angestrengt. Manchmal hilft es, den Druck herauszunehmen und die Dinge einfach geschehen zu lassen statt sie erzwingen zu wollen. 
Was habt ihr von den Pferden gelernt?

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