Pferdeherde auf dem Weg zur Rocking Z Ranch, Montana. Foto: Nadja |
Wenn ihr Leser meines Newsletters seid, dann wisst ihr bereits, dass ich zurzeit in einer Schreib-Sinn-Krise stecke.
Das hat zum einen den Grund, dass ich das Gefühl habe, mit meinen Beiträgen nur noch mehr zum widersprüchlichen Pferde-Informationswust im Netz beizusteuern. Zum anderen finde ich zurzeit aber auch keine Linie in meiner eigenen Arbeit mit dem Pferd. Auf dieser Basis tue ich mich schwer, Texte zu schreiben, die in irgendeiner Form Tipps beinhalten.
Zurzeit beschäftigt mich das Thema Konsequenz. Deswegen dachte ich, liste ich einfach mal auf, welche Nachlässigkeiten in welchen Situationen mir in den vergangenen Tagen aufgefallen sind - und warum ich glaube, dass das problematisch ist beziehungsweise werden kann. Also keine Tipps, sondern Beobachtungen :)
1. Ich ertappe mich immer wieder, beim Weg auf die Koppel den Projektwallach hinter mir her schlurfen zu lassen. Er kommt zwar relativ leicht nach vorne, wenn ich am Seil zupfe, lässt sich aber ebenso gern wieder nach hinten fallen. Noch hängt er sich nicht ins Seil, aber es fehlt nicht mehr viel. Das nervt nicht nur, sondern unterminiert auch mein Lernziel, dass er auf wenig Druck am Kopf nachgibt - und zwar egal ob vertikal im Genick oder lateral in Genick und Hals.
2. Ähnliches beim Palomino. Der zuckelte gestern hinter mir her Richtung Stall, und ich fragte nicht nach mehr Tempo, weil ich nicht wollte, dass er in alte Muster fällt und klebt. Schließlich weilte er mental noch bei den Kumpels auf der Koppel und nicht beim bevorstehenden Ausritt. Mit meiner Toleranz gegenüber seinem Lauftempo wollte ich ihn das Mitkommen angenehmer gestalten. Eindeutiger Fall von falscher Rücksichtnahme (über die habe ich hier auch schon mal geschrieben) und zu viel Denken. Denn mit dem Zug am Führseil mache ich mir schon wieder meine Zügelhilfen kaputt. Und schlechte Qualität beim Führen löst kein Kleberproblem.
3. Unsere Koppel hat zurzeit mehrere Eingänge. Ich parkte die beiden Schwarzen, nehme die Halfter ab und wollte den unteren Eingang öffnen. Da beschloss der Friese, dass er schon mal vorgeht - und zwar in Richtung des oberen Tors (das auch näher am Standort der Herde lag). Statt ihn zurückzuholen, bin ich hinterher und habe ihm das obere Tor geöffnet - weil es bequemer für mich war. Was lernt das Pferd? Es kann einfach losmarschieren, wenn ich das Halfter abgenommen habe.
4. Gestern Morgen im Wald. Wir kletterten einen ziemlich steilen Weg hinauf. Der Palomino fand das zu anstrengend im Schritt und drückte sich in den Galopp ab. Ich habe ihn gelassen, da es mir gut in den Kram gepasst hat und ich den gleichen Gedanken hatte. Gleicher Fall bei einem anderen Pony, das auch gern mal einfach so antrabt, wenn ihm danach ist - und das sich, anders als der Palomino, nicht mehr sofort durchparieren lässt. Was lernen die Pferde? Dass sie einfach das Tempo wechseln und bestimmen können und nicht auf ihren Menschen warten müssen.
5. Die letzten Tage im Wald: Wir mussten häufiger anhalten, was nicht die Lieblingsbeschäftigung des Palominos ist. Wenn er dann steht, bekommt er die Zügel von mir wieder lang - damit er lernt, auch am langen Zügel stehen zu können. Das vergrößert natürlich die Versuchung, sofort wieder loszulaufen. Und wenn mir das in den Kram passt, weil das andere Pferd gerade zu uns aufgeschlossen hat, dann lasse ich das zu. Das ist schlecht - weil ich dem Pferd wieder bestätige, dass es nicht auf meine Hilfen warten muss, sondern eigenständig loslaufen kann.
6. Beim Aufsteigen. Ich sitze kaum im Sattel, schon läuft der Palomino los. Ich verkürze einen Zügel und warte, bis er wieder steht. Weil wir aber losreiten wollen, warte ich nicht lange genug. Ich genüge mich damit, dass er steht - obwohl er im Kopf schon wieder beim Losgehen ist. Was dann sichtbar wird, sobald ich den Zügel wieder lang lasse. Dann marschiert er nämlich los. Horsemen nennen das Durchgehen im Stand. Und es ist der erste Schritt zum Durchgehen im Galopp.
7. Gestern morgen beim Putzen. Ich freue mich ja, dass der Palomino sich mittlerweile im Vorraum der Halle so wohl fühlt, dass er sich umschauen will (vor allem, um die Futtertonnen zu besuchen). Dennoch hätte ich gern, dass er beim Putzen unangebunden still steht. Und weil er gerade so schön parkte, turnte ich irgendwie um ihn herum und quetschte mich zwischen ihn und zwei Cavaletti durch - weil ich ja nicht will, dass er sich bewegt. Und schon hat er indirekt mich bewegt statt ich ihn.
8. Im Wald. Das Pony parkte, weil es keine Lust mehr hat, den steilen Weg weiter hochzuklettern. Sein Mensch, der es führte, nahm die Zügel auf und forderte es zum Weitergehen auf. Das Pony klebte weiterhin, aber man sah an seinem Gesicht, dass es überlegte, was es gegen den Zug der Zügel tun kann. Es vergingen keine 20 Sekunden, dann verlor der Mensch die Geduld und gab den Druck am Zügel auf. Und das Pony lernt, dass es den längeren Atem hat.
In meinem Fall finde ich es schon fast witzig, wider besseren Wissens nicht konsequent zu sein. Das führt mir erst meine eigene Bequemlichkeit vor Augen. Konsequenz ist wirklich anstrengend. Da gibt es noch Luft nach oben.
Wie steht's mit eurer Konsequenz?
Ross Jacobs beschreibt hier sehr schön, was es braucht, bis wir unsre Bequemlichkeit aufgeben.
Claudia überlegt hier, was Konsequenz mit unsrem Bauchgefühl zu tun hat.
Hier habe ich schon einmal ausführlich über das Aufsteigen geschrieben - und wie es gelingen kann.
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